Wow – Reisen als Beruf, wie hast du das geschafft?

Da muss ein Missverständnis vorliegen. Mein Blog ist ein (zugegebenermassen sehr zeitintensives) Hobby und nein – um eine Anschlussfrage gleich vorwegzunehmen – ich träume auch nicht davon, den Blog eines Tages «hauptberuflich» zu betreiben. Zum einen macht mir die Arbeit als Raum- und Verkehrsplanerin ebenfalls Spass und zum anderen schätze ich den Ausgleich zwischen geregelter Büroarbeitszeit und freiberuflichen Blogprojekten. Sozusagen «de Füfer unds Weggli».

Oh, dann bist du also gar keine professionelle Bloggerin?

Ich habe Geografie und Raumentwicklung studiert und arbeite 80% in einem privaten Raum- und Verkehrsplanungsbüro. Der Blog ist mein eigenes «kleines» Projekt, das ich durchaus mit «professionellem» Ehrgeiz betreibe, und das über die letzten Jahre erfreulich und ohne jeglichen Druck gewachsen ist. Dank dem Blog haben sich viele Projekte und Reisen ergeben, die ich ohne Blog nicht hätte machen können und dafür bin ich dankbar. Trotzdem gibt mir mein Job als Raum- und Verkehrsplanerin die nötige Freiheit, meinen Blog nach wie vor zu 100% nach meinem Gusto zu betreiben. So bin ich nicht davon abhängig, dass mir der Blog monatlich meine Wohnungsmiete (mitten in der Stadt Zürich eine ganz schöne Summe) finanziert.

80% Job und trotzdem so viel unterwegs – wie schafft man das?

Planung ist das Schlüsselwort – daneben darf ich mich ab relativ flexiblen, projektorientierten Arbeitszeiten glücklich schätzen. Ich versuche möglichst alle Feier- und Brückentage optimal auszunutzen und fixiere anfangs Jahr die Zeiträume, wo längere Reisen (10 – 14 Tage) möglich sind. Durch die Festanstellung ist es mir natürlich nicht möglich, stetig rund um die Welt zu jetten. Sommer und Winter nutze ich schwerpunktmässig für Kurztrips im Alpenraum – zwei- bis dreitägige Bergauszeiten mit kurzer Anreise. Die längeren Reisen plane ich eher im feiertagsreichen Frühling und der Spätherbst ist die ideale Saison für Citytrips.

Wie kamst du denn überhaupt auf die Idee, einen Blog zu starten?

In meinem Elternhaus stapeln sich Alben mit fein säuberlich eingeklebten Bildern und witzigen Reiseanekdoten. Diese Dokumentationslust startete, als ich in der 5. Klasse zu Weihnachten meine erste (analoge) Kamera erhielt – Begeisterung pur. Während meiner Studienzeit blieb das vor lauter Reise- und Prüfungsvorbereitungsstress auf der Strecke. Schade, wenn Reiseerinnerungen mit der Zeit immer lückenhafter werden und man guten Freunden keine Empfehlung abgeben kann, weil man sich schlichtweg nicht mehr daran erinnert, wie das Restaurant mit den besten Enschiladas von ganz Yucatan hiess, oder wo sich die tolle Unterkunft auf der Isla Ometepe genau befand. Der Reiseblog diente als Motivation, Reiseerlebnisse und Tipps wieder aktiv festzuhalten und als persönliche Weiterbildung in der mir bis dato gänzlich unbekannten online -und Social Media Welt.

Was ist dein Blog-Erfolgsrezept?

Einzigartigkeit, Qualität und Konsistenz – und dass die Grundmotivation nicht ist, innert drei Monaten vom Blog leben zu können und unter den Palmen von Fidschi ein Leben in Saus und Braus zu führen (vielleicht ist auch das eine Erfolgsgeschichte, aber nicht die Art, die ich anstrebe).

Wo findest du all deine Sponsoren?

Sponsoren? Äh, um ehrlich zu sein, treibt mich diese Frage zur Weissglut. Manche von euch schreiben mir eine Mail, die sich im Grunde genommen nur darum dreht, wie man es schafft, gratis zu reisen. Jetzt ist es natürlich tatsächlich so, dass ich manchmal Reise- und Hoteleinladungen erhalte. Trotzdem sind ganz viele Reisen, über die ich im Blog berichte, nach wie vor zu 100% selbstfinanziert. So zum Beispiel die Lappland– und Omanreise oder die Citytrips nach Belfast, Lemberg, Amsterdam, Rotterdam

Für diese Reisen suche ich keine Sponsoren weil mir das – ganz ehrlich – zu mühsam ist. Lieber organisiere ich eine Reise selber, als Kompromisse einzugehen oder wochenlang auf irgendwelche Abklärungen zu warten. Und ich bin auch kein Fan von Massenabfertigungen – wenn bei einer Einladung ersichtlich ist, dass das einfach mal wahllos an hunderte von Blogger verschickt wurde, gehe ich gar nicht darauf an. Doch es gibt die ca. 5% Mailanfragen, wo ich zwischen den Zeilen rauslese, dass die Destination oder das Hotel wirklich genau mich sucht und sich auch mit meinem Blog auseinandergesetzt hat. Das ist die Basis für eine tolle Zusammenarbeit. Selbstverständlich habe ich nicht ab dem ersten Tag im Bloggeruniversum solche Anfragen erhalten. Es braucht Zeit, bis ein Blog ein interessanter Kommunikationspartner für eine Destination oder ein Hotel wird. Und daher: seid selektiv – und verzettelt euch nicht – der lange Schnauf zahlt sich aus.

Mit welcher Kamera bist du unterwegs?

Immer im Gepäck ist die Sony a7rii – seit zwei Jahren in Kombination mit dem Sony Zeiss FE 35 mm f/1.4 ein treuer Reisebegleiter. Und für alle Gwundernasen habe ich hier mein komplettes Fotoequipment aufgelistet.

Woher hast denn du all deine Reiseideen

Von meinen Eltern (beides Reisefüdlis und Wandervögel), Geschwister, Freunden, Bekannten, von meinem Instagram-Stream und vom Stöbern in Reiseheftli und Online Magazinen. Und wenn du hier jetzt das Wort «Blog» vermisst, dann ist es tatsächlich so, dass ich Blogs eher für spezifische Tipps als zur Inspiration konsultiere, weil ich euch auf meinem Blog Reiseerlebnisse präsentieren möchte, die eben noch nicht genauso 1:1 auf einem anderen Blog zu finden sind.

Bleibt bei 80% Job und «120%» Blog Zeit für Sofa-Sonntage?

Die Sofa-Sonntage der letzten Jahre lassen sich an einer Hand abzählen. Aber hei, ich bin nach einem Sofa-Sonntag derart frustriert über das unproduktive Nichtstun, dass ich diese ganz bewusst auf ein Minimum reduziere. Was mich mehr stört, dass ich in diesen fünf Jahren keine Zeit zum Fensterputzen gefunden habe – freiwillige HelferInnen dürfen sich melden.

Und abschliessend – Influencer? The next big thing oder Gähn?

Ich finde es ziemlich «Gähn». Ich meine, wer will sich schon «beeinflussen» lassen? Ist es nicht eine grauselige Vorstellung, dass uns hippe 20-jährigen, die sich irgendwo an einem hübschen Strand räkeln und einen Fetzen Stoff (oder einen Drink, Sonnenbrille, Uhr…) in die Kamera halten, beeinflussen? Schlussendlich ist das genauso Werbung, wie das gute alte Plakat. Mein Blog sehe ich als Inspirationsplattform – zum Stöbern von Reiseideen und zum Wecken der Entdeckerlust. Und ob ihr nun zum Berggasthaus Äscher wandert, oder bei euch ums Eck die Wanderschuhe schnürt und losmarschiert ist mir völlig egal. Ich will euch nicht beeinflussen, sondern euch spannende Reiseideen und praktische Reisetipps mit auf den Weg geben. Alles, was ihr auf TRAVELITA lest, ist zu 100% selbstrecherchiert und mit eigenen Fotos bebildert. In Anbetracht der aktuellen Influenceritis ist mir Transparenz besonders wichtig. Wenn bei einer Reise Kostenteile von Partnern (Destinationen, Hotels, Reiseunternehmen) übernommen wurden, dann ist das am Ende des Beitrages ausgewiesen. Und wenn meine Zusammenarbeit über das hinausgeht und ich eine bezahlte Auftragsleistung mit dem jeweiligen Partner vereinbare, dann wird der entsprechende Artikel als Werbung kategorisiert und es wird einleitend darauf hingewiesen. Wobei auch hier der Grundsatz gilt: ich muss zu 100% hinter dem Inhalt stehen können. Sonst verreise ich lieber auf eigene Kosten.