Manchmal reicht eine halbe Stunde Wanderzeit, und man fühlt sich wie in einer anderen Welt. So ging es uns auf dem Weg zum Sidelhorn – eine aussichtsreiche Wanderung im Herzen des Grimselgebiets, die mit spektakulärer Rundsicht und alpinem Gipfelglück begeistert. Ein echtes Highlight für alle, die hoch hinaus wollen.
Mit der Sidelhornbahn zum Startpunkt der Gipfeltour
Es ist kurz nach acht Uhr, als wir nach einem reichhaltigen Frühstück die Wanderschuhe schnüren und in die morgendliche Frische hinaustreten. Die Nacht haben wir im Grimsel Hospiz verbracht. Das historische Alpinhotel liegt ideal für alle, die ihre Wanderung gerne früh starten. Direkt neben dem Gebäude befinden sich die Talstationen der Sidelhorn- und der Oberaarbahn. Ursprünglich wurden beide Seilbahnen von der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) als Werkluftseilbahnen gebaut. Inzwischen sind sie für den Publikumsverkehr umgerüstet und bieten einen komfortablen Zugang zur fantastischen Bergwelt rund um den Grimselpass. Mit der Sidelhornbahn gleiten wir nun in wenigen Minuten über den smaragdgrünen Grimselsee an den Fuss des gleichnamigen Berges.



Via Oberaar Trail aufs Sidelhorn
Bei der Bergstation der Sidelhornbahn beginnt der Oberaar Trail, der mit der Routennummer 370 markiert ist. Wir folgen diesem zunächst rund einen Kilometer bis zur Husegghütte. Wer auf einen sanften Einstieg hofft, wird jedoch enttäuscht: Der Pfad schlängelt sich gleich zu Beginn steil bergauf und führt an imposanten Granitblöcken vorbei dem Grat entgegen.
Bei der Husegghütte gönnen wir uns eine kurze Trinkpause – etwa die Hälfte der Höhenmeter bis zum Gipfel des Sidelhorns haben wir hier bereits geschafft. Wem der direkte Aufstieg zu anstrengend erscheint, kann an dieser Stelle dem weiteren Verlauf des Oberaar Trails folgen. Dieser quert in moderater Steigung die Bergflanke und führt rund 250 Höhenmeter unterhalb des Gipfelgrats weiter Richtung Triebtenseeli.



Wir folgen nun aber dem Wegweiser in Richtung Sidelhorn und steigen weiter bergauf. Der Gipfel ist bereits von Weitem gut sichtbar – der Bergwanderweg dorthin hingegen deutlich weniger. Ein erstes Anzeichen dafür, dass das letzte Drittel der Gipfeltour kein Spaziergang wird. Während der Pfad zunehmend steiniger wird, lohnt sich der Blick zurück: Mit jedem gewonnenen Höhenmeter wird die Aussicht auf den Grimselsee eindrücklicher. Sein trübes, grünlich-beiges Gletscherwasser wirkt wie ein flüssiger Fels zwischen den kargen Granitflanken.



Gipfelglück mit spektakulärer Rundsicht
Die letzten Meter des Gipfelaufstiegs sind steil und erfordern stellenweise den Einsatz der Hände. Oben angekommen ist jedoch sofort klar: Das war jeden einzelnen Schweisstropfen wert. Die Rundsicht auf die Berner und Walliser Drei- und Viertausender ist schlicht spektakulär!



Und via Triebtenseeli weiter zum Stausee Oberaar
Wir folgen dem Wegweiser weiter dem Grat entlang in Richtung Triebtensee-Licken. Wie insgeheim bereits «befürchtet», entpuppt sich auch die folgende Passage bis zur Wegmarke 2692 keineswegs als gemütlicher Spaziergang. Die Blocksteine liegen hier kreuz und quer, teils mit grossen Lücken dazwischen. Der Wegverlauf lässt sich nur grob erahnen – Schritt für Schritt tasten wir uns vorsichtig voran. Ehrlich gesagt bin ich überrascht, dass dieses Teilstück überhaupt weiss-rot-weiss markiert ist. Meiner Einschätzung nach wäre eine weiss-blau-weisse Einstufung passender. Dass ich mit diesem Eindruck nicht allein bin, bestätigt mir eine Dreiergruppe, die wir unterwegs kreuzen: Auch ihr Aufstieg habe deutlich mehr Zeit beansprucht, als auf den Wegweisern angegeben.


Nach gut dreissig Minuten erreichen wir den ersten Abzweiger, der uns vom Grat zurück Richtung Oberaar Trail führt. Ab hier ist der Pfad wieder klar erkennbar und wir kommen in gewohntem Tempo voran. Die letzten rund 2,5 Kilometer verlaufen entlang des Oberaar Trails und sind technisch deutlich einfacher. Am Ende der Tour erwartet uns die Sonnenterrasse des Berghauses Oberaar mit herrlichem Blick auf den Oberaarsee. Die hausgemachte Gerstensuppe und das Oberaar Plättli haben wir uns nach den zurückgelegten Höhenmetern redlich verdient. Im Anschluss geht’s mit der Oberaarbahn zurück an den Ausgangspunkt.







Auch wenn ich mich im Blocksteingelände an zwei, drei Stellen etwas durchkämpfen musste – die Gipfeltour hat sich definitiv gelohnt. Das Sidelhorn ist seinem Ruf als exzellenter Panoramagipfel an diesem Tag mehr als gerecht geworden.
Eckdaten der Wanderung Sidelhornbahn – Sidelhorn – Oberaarsee
Anhand der nachfolgenden Wanderkarte könnt ihr den Routenverlauf der Wanderung auf Sidelhorn entnehmen. Es handelt sich durchgehend um einen weiss-rot-weiss markierten Bergwanderweg (T2/T3). Im oberen Drittel des Gratwegs über das Sidelhorn führen Blocksteinpassagen über felsiges Gelände. Hier verläuft der Pfad teilweise undeutlich – man muss den Weg anhand der Markierungen selbst finden und sich stellenweise mit den Händen abstützen. Trittsicherheit und gutes Schuhwerk sind in diesem Abschnitt unerlässlich. Bei Nässe oder schlechter Sicht ist der Gipfelaufstieg nicht zu empfehlen.
Dank der Oberaarbahn, die wie die Sidelhornbahn im Selbstfahrbetrieb funktioniert, lässt sich die Gipfeltour über das Sidelhorn als attraktive Rundwanderung mit Start und Ziel beim Grimsel Hospiz planen.
Ausgangspunkt | Bergstation Sidelhornbahn (2’202 m ü. M.) |
Erreichbarkeit | mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar |
Länge | 6,5 Kilometer |
Höhenmeter | ↗ 681 m ↘ 589 m |
Dauer | 3:00 h |
Zielort | Bergstation Oberaarbahn (2’300 m ü. M.) |
Einkehrmöglichkeit | Berghaus Oberaar |
Praktische Tipps für deine Wanderung aufs Sidelhorn
- Die Talstation der Sidelhorn ist mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar (Postautohaltestelle Grimsel, Hospiz). Alternativ erreicht man den Ausgangspunkt der Wanderung auch vom Grimselpass aus (ca. 15 Minuten Fussweg).
- Die Sidelhornbahn ist von Ende Mai bis Mitte Oktober täglich von 08:00 bis 21:30 Uhr in Betrieb. Das Ticket kostet für Erwachsene 8 CHF pro Fahrt (Reduktion mit Gästekarte).Die Oberaarbahn fährt von Ende Juni bis Anfang Oktober ebenfalls täglich von 08:00 bis 21:00 Uhr. Eine einfache Fahrt kostet hier für Erwachsene 18 CHF. Weitere Informationen zu den Betriebszeiten und Ticketpreisen der Bergbahnen im Grimselgebiet findet ihr hier.
- Im Grimsel Hospiz (Partnerlink) und im Berghaus Oberaar kann man nicht nur einkehren, sondern auch übernachten. Das historische Hospiz bietet 4-Sterne-Komfort, während das Berghaus einfache Doppelzimmer und Matratzenlager bereithält.
- Die beste Zeit für die Wanderung aufs Sidelhorn ist von Anfang Juli bis Anfang Oktober. Informiert euch im Vorfeld über die Schnee- und Wettersituation – der Gipfel befindet sich auf einer Höhe von 2’764 m ü. M. Beachtet bei der Wanderplanung zudem, dass die Oberaarbahn nur bis Anfang Oktober in Betrieb ist!
- Wer den Abstecher ins Grimselgebiet mit einer weiteren, aussichtsreichen Bergwanderung kombinieren möchte, dem kann ich die hier beschriebene Wanderung zum Grätlisee empfehlen.
- Tipp für den Winter: Das Grimsel Hospiz verwandelt sich in der kalten Jahreszeit in einen ganz besonderen Rückzugsort. Wir haben übrigens vor fast genau zehn Jahren darüber berichtet.