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Vom Luzerner Chügelipastetli zum Giessbachfall

Das lustige an Zeitreisen ist, es werden laufend Erinnerungen geweckt. An die Kindheit, an Omas Erzählungen von früher oder an Anekdoten aus dem Leben der Eltern. Als ich in der rustikalen Burgerstube im Hotel Wilden Mann Luzerner Chügelipastetli auf der Karte entdecke, werde ich in die Teenagerjahre zurückkatapultiert. Als Geburtstagsessen wünschte ich mir jeweils von meinem Vater, einem gebürtiger Luzerner, Luzerner Chügelipastetli. Er freute sich darüber immer wie ein Honigkuchenpferd. Den Rest der Speisekarte der Burgerstube überfliege ich nur noch. Die Entscheidung ist gefällt – für mich gibt es zum Mittagessen Luzerner Chügelipastetli (oder korrekt «luzernerisch» ausgesprochen: Lozärner Chögelipastete). Ich bin gespannt, ob sie denjenigen meines Vaters das Wasser reichen können. Unser Gastgeber Arno Affolter meint dazu nur „Gute Entscheidung!“.

Luzern hat uns von der tristen Seite empfangen. Dabei sind wir doch wie nach einem perfekt abgestimmten Drehbuch in der Sonnenstube der Schweiz in den Tag gestartet. Nach dem Frühstück mussten wir uns schweren Herzens von der Villa Carona verabschieden. Uns erwartete die letzte Etappe unserer Reise durch vergangene Zeiten mit Swiss Historic Hotels.

Wir fahren mit dem Bus zurück nach Lugano und von dort bequem mit dem Zug durch den Gotthard nach Luzern. Das Tessin lassen wir bei strahlendem Sonnenschein hinter uns und erreichen am anderen Ende des Tunnels eine regnerische und graue Alpen-Nordseite. Kein Wunder können wir aus dem Zugfenster eine Blechlawine in Richtung Süden beobachten.

Hotel Wilden Mann und die Luzerner Chügelipastetli

Statt nur in Luzern umzusteigen, nutzen wir die Gelegenheit, um dem Hotel Wilden Mann einen Besuch abzustatten. Der „Wilde Mann“ ist in Luzern ein Begriff. Es ist eine typische Sagengestalt mittelalterlichen Aberglaubens. Er erscheint als Beschützer des blau-weissen Luzerner Wappens, als Brunnenfigur oder als Wandmalerei am Schirmerturm und am Nölliturm – Zeugen der alten Stadtbefestigung. Vielleicht seid auch ihr schon am Wilden Mann vorbeispaziert. Das erste Bild der Kapellbrücke zeigt das gleiche Sujet, das auch im Hotel Wilden Mann an der Wand hängt. Der „Wilde Mann“ wurde als Gaststätte erstmals 1517 erwähnt. Damals wurden aber garantiert noch keine Chügelipastetli serviert, die wurden erst im 18. Jahrhundert «erfunden».

Fast 500 Jahre später ist das Hotel eine wahre Wundertüte. Der Hotelkomplex erstreckt sich über sieben Häuser im Altstadtkern. Jedes Zimmer sieht ein bisschen anders aus. Die Decken sind tief gelegt, das Holz knarrt bei jedem Schritt und an jeder Ecke gibt es historische Elemente aus unterschiedlichen Epochen zu entdecken. Standard gibt es hier nicht – alles ist aussergewöhnlich.

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Luzern-Hotel-wildermann-Burgerstube

Luzerner Chügelipastetli

Es war kein Fehler, die Luzerner Chügelipastetli (33 CHF) zu bestellen. Sie sind fast so gut, wie diejenigen meines Vaters. Ein lohnenswerter kulinarischer Abstecher in der schönen Altstadt von Luzern.

Mit vollem Magen nehmen wir den Weiterweg über den Brünig in Angriff. Wir teilen uns den Zug mit einer Schar Touristen, die wahllos alles ablichten, was am Zugfenster vorbeirauscht. Wir lehnen uns zurück und geniessen die Landschaft, ohne ständig durch den Sucher zu blicken. Die Brünigstrecke zwischen Brienz und Alpnachstad war bei ihrer Eröffnung 1888 eine Pioniertat. Für mich gehört sie auch heute noch zu einer der schönsten Bahnstrecken der Schweiz.

Grandhotel Giessbach und der Giessbachfall

In Brienz werden wir abgeholt. Auf uns warten 220‘000 m2 Wellness, Wandern und Wundern – wie das Grandhotel Giessbach so trefflich auf seiner Broschüre schreibt. Für das maximale Spektakel müsste man von Brienz mit dem Schiff bis nach Giessbach und von dort mit der historischen Standseilbahn (der weltweit ersten Standseilbahn mit einer Ausweiche in der Mitte der Strecke) zum Grandhotel Giessbach hochfahren. Nur leider ist das letzte Schiff bei unserer Ankunft schon längstens abgefahren. Das aus der Belle Epoque stammende Grandhotel (Eröffnung 1875) gehört definitiv zu den landschaftlich schönst gelegenen Hotels der Schweiz. Nach dem Ende der goldenen Ära kämpfte das Hotel jahrelang mit dem Niedergang. 1979 schloss es seine Pforten. Zum Glück gelang es dem Umweltschützer Franz Weber 1983 das Hotel samt 22 Hektar Umschwung zu erwerben. 1984 wurde das Hotel wiedereröffnet und während den folgenden Winterpausen von Grund auf komplett saniert.

Heute erstrahlt das Hotel im alten Glanz und thront majestätisch über dem Brienzersee, der seine Farbe je nach Wetter von tiefblau über türkis bis smaragdgrün ändert. Das grösste und lauteste Naturspektakel sind aber die Giessbachfälle, die sich direkt neben dem Hotel tosend über sieben Stufen in die Tiefe stürzen. Ruhig ist es hier nicht. Bevor wir den kulinarischen Höhenflug starten, müssen wir natürlich die Giessbachfälle von richtig nah erleben. Entlang dem Wasserfall hat es diverse Wanderwege. Am beeindruckendsten ist jedoch die Brücke, die hinter dem Wasserfall durchführt. Wie auf der Broschüre versprochen: wir wandern und wundern.

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Giessbachfall

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Giessbachfall aus der Nähe

Unter dem Giessbachfall

Sicht auf das Grandhotel Giessbach vom Giessbachfall

Grandhotel-Giessbach

giessbachfall-Brienzersee

Im Anschluss sehen wir uns im Hotel um. Trotz der opulenten Inneneinrichtung strahlt es eine wohlige Atmosphäre aus. Nebst dem Parkrestaurant Les Cascades, hat das Grandhotel Giessbach am ersten Mai das Gourmetrestaurant zur Seeseite – le Tapis Rouge – wiedereröffnet. Hier wird der rote Teppich für talentierte Köche und hungrige Gäste ausgerollt. Für diese Saison hat Mike Zarges den Kochlöffel übernommen. Auffällig sind die vielen vegetarischen und veganen Gerichte und der regionale Bezug. Nach den Luzerner Chügelipastetli runden wir den Tag mit einem Kalbsfilet aus der Jungfrau-Region perfekt ab. Das viergängige Menu mit Fleisch kostet 95 CHF, die vegetarische Menu-Variante 75 CHF.

Als Vorspeise zum Kalbsfilet bestelle ich das Carpaccio vom Mini Kohlrabi, Morcheln und Wildkräuter – wo der Koch vor lauter Aufregung die Morcheln vergisst und mir dann netterweise die darauf folgende Wildkräutersuppe mit Randencroûtons spontan damit ergänzt. Begeistert hat mich das Kokosnuss-Milchreis mit Rhabarberkompott und Erdbeersorbet. Ein Hoch auf den kreativen Umgang mit lokalen Produkten.

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Grandhotel-Giessbach-Parkrestaurant Les Cascades

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Giessbach_Le Tapis Rouge

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Gesättigt und voller wunderbarer Eindrücke verlassen wir nach dem Abendessen das Grandhotel Giessbach in Richtung Interlaken. Die Zeitreise geht für uns im Hotel Royal-St. Georges zu Ende. Die letzte Nacht verbringen wir im eleganten Hotel aus dem frühen 20. Jahrhundert. Wir haben in vier Tagen unglaublich viel von der Schweiz gesehen, faszinierend Geschichten früherer Zeiten gelauscht, uns in Orte verliebt und den Charme vergangener Epochen erlebt. Einmal mehr Wunderland Schweiz!

Hinweis: Meine Zeitreise wurde von Schweiz Tourismus und Swiss Historic Hotels unterstützt. Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.

Über den Autor

Artikel

Hallo ich bin Anita, leidenschaftliche Weltenbummlerin und Hobby-Fotografin. Ich liebe es, neue Flecken auf unserer wunderbaren Welt zu entdecken. Dabei gilt, das Abenteuer beginnt direkt vor der Haustür! So bin ich nicht nur in exotischen Ländern sondern auch oft in der Schweiz unterwegs.
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