SchweizWandern

Höhenflüge auf der Urner Seilbahnwanderung

Dem letzten Wochenende hatte ich mit grosser Vorfreude entgegengefiebert. Den Kanton Uri hatte ich bisher eher stiefmütterlich behandelt und mir deshalb schon lange vorgenommen, die urigen Seitentäler zu entdecken. Und dann war es endlich so weit. Zwei Wandertage im Herzen der Zentralschweiz standen vor der Tür.

Am stilvollsten würde man mit einem der fünf nostalgischen Raddampfer von Luzern nach Flüelen im Kanton Uri schippern und so entschleunigend ins Wochenende starten. Knappe drei Stunden dauert die Fahrt, vorbei an der immer wieder beeindruckenden Bergkulisse rund um den Vierwaldstättersee und mit Stopps an geschichtsträchtigen Orten wie Rütli oder Tellsplatte. Sowieso, Wilhelm Tell wird uns hier auf Schritt und Tritt begleiten. Mehr dazu später.

Statt mit der Schifffahrt, haben wir das Wochenende an diesem lauen Sommerabend direkt mit Grillengezirpe und Entengeschnatter am Ufer des Urnersees eingeläutet. Ein schöner Auftakt eines prächtigen Sommer-Wander-Weekends.

Fluelen-Dampfschiff-Rigi

1. Etappe: Wanderung von Altdorf nach Isenthal

Am ersten Wandertag holt uns der Wecker um Viertel vor sieben aus dem Bett. Nach einer kurzen Stärkung am Frühstücksbuffet deponieren wir unseren Koffer für den Transport an den Etappenzielort bei der Rezeption und machen uns auf die Socken. Die ersten Kilometer von Altdorf via Seedorf in Richtung Urnersee sind landschaftlich wenig spektakulär. Die Ebene steht im Spannungsfeld zwischen all den Infrastrukturbauten, die hier durchgeführt werden müssen – Bahnlinie, Autobahn, Hochspannungsleitungen, Gewerbeparks und irgendwo dazwischen liegt die Reuss, deren Delta unter Naturschutz steht. Nach einer knappen Stunde Fussmarsch erreichen wir das Seeufer und folgen dem „Weg der Schweiz“ in Richtung Bauen. Das doch zeitige Losmarschieren hat sich gelohnt. Der Urnersee, der dank seinen Winden bei Seglern sowie Wind- und Kitesurfern eine grosse Beliebtheit geniesst, präsentiert sich ausnahmsweise spiegelglatt.

Uri-Altdorf

Benediktinerinne-kloster-Sankt-Lazarus-Seedorf

Seedorf-Badi

Urnersee

Weg-Der-Schweiz-Urnersee

Nach einer weiteren Stunde Gehzeit dem Seeufer entlang (leider meist direkt angrenzend zur Strasse) erreichen wir die ersten Ausläufer von Bauen. Hier, unweit der Rütliwiese, biegt unser Weg abrupt nach links auf einen Waldweg ab. Hätte ich nicht so einen exakten Routenbeschrieb mit dabei gehabt, hätten wir diese Abzweigung, bei der das Schild «Privatweg» angebracht ist, garantiert verpasst. Nach dem eher lockeren Marschieren folgt nun die Arbeit. Höhenmeter um Höhenmeter steigt der Pfad durch den Wald in Richtung Vordere Bärchi an. Und bald einmal wird die Anstrengung mit prächtigen Blicken runter auf den Urnersee belohnt.

Bauen-Wandern

Bauen-Urnersee

Aussicht-Urnersee

Früher als erwartet erreichen wir die erste Seilbahnstation. Der Kanton Uri hat das dichteste Seilbahnnetz der Schweiz. Die Einheimischen sind auf dieses Transportmittel angewiesen, um die steilen Hanglagen zu überwinden. Doch auch die Wanderer können davon profitieren, um Zwischendurch wieder zu Schnauf zu kommen.

Wer auf der Urner Seilbahnwanderung unterwegs ist, muss sich jeweils am Vorabend bei den Bahnbetreibern telefonisch mit der Abmarschzeit anmelden. „Dann seit ihr um halb zwölf bei mir“, meinte Herr Eberli, als ich ihm mitteilte, dass wir um 07:30 Uhr mit der Wanderung starten würden. 45 Minuten früher als vorausgesagt, informieren wir nun die Bergstation Obere Bärchi über unsere Ankunft bei der Talstation. Nachdem wir es uns in der kleinen Transportseilbahn bequem gemacht haben, geht’s bergwärts. Punkto Aussicht und Seilbahnerlebnis ist diese Fahrt ganz klar der Höhepunkt der beiden Tage.

Urner-Seilbahnwanderung-1

Urner-Seilbahnwanderung-2

Nach einem Schwatz mit Heidi Eberli, die uns an der Bergstation empfängt, geht’s weiter des Weges. Der anstrengendste Teil der Tagesetappe steht an. Die heissen Mittagssonne und die kampfwütigen Bremsen machen den Anstieg zur Tortur. Am höchsten Punkt auf der Scheidegg angekommen gönnen wir uns eine Verschnaufpause inmitten heranreifender Heidelbeeren und folgen dann dem Weg talwärts in Richtung Furggelen. Als krönender Abschluss des Wandertages folgt hier die Talfahrt hinunter ins Isental, wo wir übernachten werden. Den Nachmittag lassen wir bei einem feinen Plättli und Mani Matter’s Klängen zu „Si hei dr Willhelm Täll ufgfüehrt“ auf der angenehm schattigen Gartenterrasse des Hotel Urirotstock ausklingen. Bei diesem Ambiente  Wohrwurm-Garantie.

Grosstal-Uri

Furgglen-Uri

Isenthal-Uri-1

Isenthal-Uri-2

Kaese-Plaettli-Isenthal

2. Etappe: Wandern von Isenthal nach Altdorf

Am nächsten Morgen gönnen wir uns eine halbe Stunde länger Schlaf und setzen die Wanderung um acht Uhr fort. Wir lassen die Ortschaft Isenthal hinter uns wandern geradeaus Richtung Chlital. Im Gegensatz zum ersten Tag ist heute nichts mit gemütlichem Einlaufen. Bereits nach wenigen Metern geht’s doch ordentlich steil bergwärts. 55 Minuten bis zur Talstation Gietisflueh, stand auf dem Wegweiser in Isenthal. 35 Minuten später stehen wir bereits bei der Seilbahnstation und merken einmal mehr, dass uns das Bergauflaufen weit besser liegt, als talwärts zu wandern.

Auch hier melde ich unsere Ankunft per Telefon an und Frau Kempf antwortet „sie komme gleich“. Der Freund fragt darauf „sollen wir bereits einsteigen?“ Während ich entgegne „nein, nein wir warten, bis sie kommt“, setzt sich das Gondeli in Bewegung. Welch Malheur! Nach einem erneuten Telefonanruf wird das Bähnli auf halber Fahrt gestoppt und wieder rückwärts in die Talstation gefahren. Das Missverständnis kommt einem weiteren Wanderer zugute, der just in dem Moment die Seilbahnstation erreicht, wo wir unseren zweiten Anlauf starten.

Isenthal-Wandern

Gietisflueh-Urner-Seilbahnwanderung

Uri-Rotstock

Mit Blick auf den Uri Rotstock folgt ein weiterer Höhenflug. Ganze 300 Höhenmeter werden uns dank dieser panoramareichen Fahrt erspart. Doch bis zum Schartihöreli – dem höchsten Punkt dieser zweitägigen Urner Seilbahnwanderung – fliesst dann doch noch etwas Schweiss.

Anschliessend folgen wir dem Wanderweg geradeaus über den Grat talwärts. Auf Schritt und Tritt begleiten tut uns das wunderschöne Panorama über den Urnersee. Der Abstieg hat es stellenweise in sich. Der Pfad ist eng und führt an abschüssigen Stellen vorbei. Für die letzten Höhenmeter hinunter an den See dürfen wir nochmals eine Seilbahn benutzen. Die Familie Wipfli betreibt nicht nur die Seilbahn, sondern bietet auf ihrem Hof bei Bodmi hoch über Bolzbach auch Tipi-Übernachtungen an und versorgt vorbeikommende Wanderer gerne mit einem Glas Wasser oder Kaffee. Sowieso, uns ist während diesen zwei Tagen die Gastfreundschaft der Urner Bevölkerung äusserst positiv aufgefallen.

Gietisflueh-Chlital-1

Schmetterling-Makro

Gietisflueh-Chlital-2

Reussebene-Uri

Schartihoereli-Gipfel-Uri

Kanton-Uri-Wandern

Bodmi-Urner-Seilbahnwanderung

Auf den letzten Kilometer zurück nach Altdorf kommen wir an lauschigen Badeplätzen vorbei und passieren auf einem Abschnitt der ViaGottardo die historischen Natursteinmauern, die das Siedlungsbild prägen.

Am Ausgangspunkt unserer Wanderung wartet bereits das Gepäck auf uns, dessen Transport zwischen den Etappenzielen tadellos geklappt hat. Voller Eindrücke und mit müden Beinen machen wir uns auf den Heimweg. Begeistert hat uns, dass wir auf der Urner Seilbahnwanderung nicht nur die schöne Landschaft entdeckt haben, sondern auch mit den lokalen Bauern in Kontakt gekommen sind und dabei unter anderem über den aktuell herumstreunenden Wolf philosophiert haben.

Reussdelta-Fluelen

Reuss

Altdor-Wanderweg

Nachfolgende Karte zeigt den Routenverlauf der zweitägigen Urner Seilbahnwanderung. Die erste Etappe startet beim Telldenkmal in Altdorf, ist rund 16.5 Kilometer lang und beinhaltet eine Steigung von knapp 1’000 Höhenmetern. Ein Grossteil des Gefälles wird mit der Seilbahn von Furggelen hinunter nach Isenthal überwunden. Die reine Laufzeit beträgt rund 6 Stunden. Vom Etappenzielort Isenthal nach Isleten, wo der Urnersee zur Abkühlung lockt, gibt es eine Postautoverbindung – wobei zwischen 13:00 – 16:00 leider kein Postauto die Strecke bedient.

Die zweite Etappe startet in Isenthal, ist rund 15 km lang und beinhaltet eine Steigung von 950 Höhenmetern (300 m davon werden mit dem Seilbähnli Chlital – Gietisflueh überwunden). Ab dem Schartihöreli folgt ein steiler Abstieg von insgesamt 1’200 Höhenmetern. Trittsicherheit ist hier ein absolutes «Must». Die reine Laufzeit beträgt rund 6.5 Stunden.

Die Seilbahnfahrten müssen jeweils am Vorabend telefonisch angemeldet werden.

Mehr Infos zu den einzelnen Seilbähnli findet ihr im Urner Seilbahnführer. Ganze 39 Exemplare werden hier drin ausführlich beschrieben.

Hinweis: Zu dieser 2-Tageswanderung wurde ich von Eurotrek eingeladen. Vielen Dank hierfür! Meine Leser dürfen wie immer sicher sein, dass ich stets meine Ansichten und Begeisterung vertrete.

Über den Autor

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Hallo ich bin Anita, leidenschaftliche Weltenbummlerin und Hobby-Fotografin. Ich liebe es, neue Flecken auf unserer wunderbaren Welt zu entdecken. Dabei gilt, das Abenteuer beginnt direkt vor der Haustür! So bin ich nicht nur in exotischen Ländern sondern auch oft in der Schweiz unterwegs.
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