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Monte Bar – Monte Boglia: Mehrtageswanderung auf dem Sentiero Lago di Lugano

Manchmal lohnt es sich nicht direkt sofort alles zu verbloggen, sondern zwischen dem Erlebten und dem Niederschreiben Zeit verstreichen zu lassen. So kann ich mich jetzt in dieser verregneten Altjahreswoche an drei rundum perfekten Herbstwandertage auf dem Sentiero Lago di Lugano zurückerinnern.

Nachdem wir im vergangenen Jahr mit der Familie drei herbstliche Wandertage im Puschlav verbrachten, nahmen wir diesmal das Val Colla unter die Lupe. Das dünn besiedelte Tal zählt zu den ursprünglichsten des Luganese. Beliebt bei Bikern und Kletterfans ist das Val Colla mit seinen schönen Aussichtsgipfeln auch ein lohnendes Ziel für Mehrtageswanderungen mit Hüttenübernachtungen.

Der Sentiero Lago di Lugano im Überblick

Ausgeschildert mit der Routennummer «52» führt der Sentiero Lago di Lugano in neun Etappen durch das Sottoceneri. Die Mehrtageswanderung führt von den aussichtsreichen Voralpenbergen über legendäre Gratwanderungen bis hin zu den mediterranen Uferpromenaden des Luganersees. Fast jede Etappe der 130 Kilometer langen Tour passiert eine oder mehrere der beliebtesten Ausflugsziele des Tessin bzw. der Region Luganese. Die Streckenabschnitte des Sentiero Lago di Lugano sind wie folgt konzipiert:

Etappe 1: Von Lugano (Magliosa) nach Miglieglia
Etappe 2: Von Miglieglia zur Cap. Tamaro (Monte Tamaro – Monte Lema Höhenweg)
Etappe 3: Von der Cap. Tamaro nach Medeglia
Etappe 4: Von Medeglia zur Cap. Monte Bar
Etappe 5: Von der Cap. Monte Bar zur Cap. Pairolo
Etappe 6: Von der Cap. Pairolo nach Lugano (M. Brè)
Etappe 7: Von Lugano (Paradiso) nach Morcote
Etappe 8: Von Morcote nach Riva. S. Vitale (über den Monte San Giorgio)
Etappe 9: Von Riva S. Vitale (M. Generoso) nach Mendrisio

Pro Etappe sind zwischen 11 bis 22 Streckenkilometer sowie 700 bis 1800 Höhenmeter zu bewältigen. Wie bereits einleitend geschrieben, lassen sich viele Abschnitte alternativ auch gut als Tageswanderung absolvieren. Wer Höhenmeter einsparen möchte, kann zudem bei einigen Etappen auf Bahnen zurückgreifen (z.B bei den Etappen 2, 3 und 7). Bei obenstehender Übersicht habe ich euch diejenigen Touren verlinkt, die wir hier auf dem Blog bereits als Tageswanderung porträtiert haben. Bei unserer dreitägigen Herbstwanderungen haben wir uns auf folgende Streckenabschnitte konzentriert:

Etappe 4: Von Medeglia zur Capanna Monte Bar
Etappe 5: Via Monte Bar und Gazzirola zur Capanna Pairolo
Etappe 6: Über den Monte Boglia nach Lugano

1. Wandertag – von Medeglia zur Capanna Monte Bar

Was für ein Glück! Just für den Zeitraum unserer dreitägigen Familienwanderung sind drei herrlich goldene Oktobertage vorausgesagt. Kaum zu glauben, dass wir es mit dem Wetter wiederum so gut treffen. Die Anreise zum Ausgangspunkt der Tour führt uns mit dem Zug via Lugano nach Rivera-Bironico und von dort mit dem Postauto weiter nach Medeglia Paese. Nun heisst es, Rucksäcke schultern und die ersten Höhenmeter hinauf in die Anhöhen des Val Colla in Angriff nehmen. Zu gern hätte sich ein Teil unseres «Wandertrüpplis» an dieser Stelle noch mit einem Espresso gestärkt – doch die Einkehrmöglichkeiten sind in diesem verschlafenen Dorf limitiert. Und die Option für Kaffee zehn Minuten in die falsche Richtung zu «tschumpeln» stiess bei der Mehrheit auf taube Ohren.

Und so folgten wir ohne Koffein-Infusion den Wanderwegschildern über die Vedeggio, bergwärts durch einen Mischwald bis zum Torfmoor der Gola di Lago.

Medeglia Sentiero Lago di Lugano

Der Weg führt in einem angenehmen zick-zack kontinuierlich bergwärts. Bald werden wir die Wälder lichter und vor uns tauchen die kahlen Hänge des Monte Bar auf. Diese sind auf die aufgrund knapper Ressourcen vorgenommenen Kahlschläge im 19. Jahrhundert zurückzuführen. Wobei die bis heute anhaltende Alpwirtschaft dazu beiträgt, dass der Wald oberhalb von 1’000 Meter über Meer noch keine nennenswerten Flächen zurückerobert hat. Vorbei an den – um diese Jahreszeit bis auf ein paar kecke Pferde verwaisten – Alpen führt uns der Sentiero Lago di Lugano zum markanten und von weit sichtbarem Kreuz «Motto della Croce».

Ab hier haben wir unser Ziel – die Capanna Monte Bar – im Blick. Und die letzten Kilometer lassen wir dank einer angeregten Debatte über die Auswirkungen von selbstfahrenden Autos auf unsere Strassenräume (die Mitwanderer und -diskutierer mögen an dieser Stelle nun sicherlich schmunzeln) auch flott hinter uns.

Aufstieg Alpe Rompiago Luganersee
Wanderung Capanna Monte Bar

Tagesziel Capanna Monte Bar

Am Tagesziel angekommen lassen wir uns an windgeschützter Lage die Sonne ins Gesicht scheinen und geniessen die phänomenale Aussicht. Das beeindruckende Bergpanorama reicht von den italienischen Gipfelspitzen über die markanten Denti della Vecchia (wo wir am dritten Tourentag noch vorbeiwandern werden) bis zu den Walliser Viertausendern mit dem Monte-Rosa-Massiv und der Mischabel-Gruppe.

Genau 80 Jahre nach der Errichtung der ersten Berghütte wurde im Jahr 2016 die neue SAC-Hütte eingeweiht. Die Capanna Monte Bar bietet damit (nebst der unvergleichbaren Aussicht) nicht nur einen zeitgemässen Komfort, sondern ist auch so konzipiert, dass die negativen Umweltauswirkungen minimiert werden. Ein tolles Etappenziel, wo sich eine Übernachtung übrigens auch ohne Ambitionen einer Mehrtageswanderung auf dem Sentiero Lago di Lugano lohnt. Ich meine – schaut euch dieses Farbenspiel an!

Sonnenaufgang Monte Bar

Eckdaten der Wanderung Medeglia – Capanna Monte Bar

AusgangspunktMedeglia, Paese (702 m ü. M.)
ErreichbarkeitMit dem öffentlichen Verkehr erreichbar
Länge12,1 Kilometer
Höhenmeter↗ 1’236 m ↘ 340 m
Dauer4:45 h
ZielortCapanna Monte Bar (1’608 m ü. M.)
VerpflegungIn der Nebensaison keine Einkehrmöglichkeiten unterwegs

2. Wandertag – von der Capanna Monte Bar zur Capanna Pairolo

Der zweite Wandertag startet so, wie der erste endete: Mit einem herrlichen Fernblick über die Tessiner Bergspitzen. Im wärmenden Licht der ersten Sonnenstrahlen nehmen wir unseren ersten Gipfel des Tages in Angriff. Die heutige Etappe hat es in sich. In einem stetigen Auf und Ab wird uns der Sentiero Lago di Lugano der Schweiz-Italienischen-Grenze um den Talschluss des Val Colla bis zum direkt uns gegenüberliegenden Ziel am Fusse der Denti della Vecchia führen.

Aufstieg Monte Bar

Die Temperatur, die Fernsicht, das Terrain – es könnte nicht perfekter sein! Und so geniessen wir nach einem kurzen Fotostopp auf dem Monte Bar die Weitsicht über die Hochebene Richtung Gazzirola.

Mit einer Höhe von 2’115 Meter über Meer bildet der Gazzirola wortwörtlich den «Höhepunkt» unserer dreitägigen Tour. Die Aussicht ist auch hier – wen überrascht’s – der Wahnsinn! Weit- und Tiefblicke in alle Richtungen. Nicht ganz so «wow» ist dafür die nun folgende Wegpartie dem Grat folgend hinunter auf den Passo di San Lucio. Die Wege sind ausgewaschen, mit gröberen Kiessteinen durchzogen und dementsprechend etwas mühsam zu begehen – zumindest im Quervergleich mit den bisherigen Wegen. Und ja, das ist mäkeln auf hohem Niveau. Zumal die nun folgende Einkehr in der Capanna San Lucio (wir entscheiden uns für die Schweizer-Seite) schnell versöhnlich stimmt. Die Tagesgerichte sind hier nämlich richtig gut!

Aufstieg Gazzirola
San Lucio Panorama
Pass San Lucio Kirche

Etwas skeptischer stimmt hingegen der Blick vorwärts. «Bist du sicher, dass wir noch über diesen Gipfel dort in der Ferne drüber müssen?» Ja, bin ich! Und seid an dieser Stelle vorgewarnt – auf jeden Abstieg folgt ein erneuter Aufstieg. Dafür wechselt nun die Perspektive und wir blicken zurück auf die bereits bewältige Strecke. So oder so, bei dem Wetter und der Kulisse kommt’s auf ein paar Höhenmeter auch nicht mehr darauf an, oder?

Dosso Colmino Aussicht
Birkenwälder am Lago di Lugano

Tagesziel Capanna Pairolo

Nachdem wir die kahlen Hänge des Monte Bar und Gazzirola hinter uns gelassen haben, empfängt uns auf der gegenüberliegenden Talseite das herbstliche Farbenspektakel. Golden schimmernde Birkenblätter, gelborange funkelnde Buchen, rot leuchtende Kastanienbäume – und mitten in dieser herbstlichen Farbenpracht die Capanna Pairolo! Sie dient seit den 1930er Jahren den Luganeser Kletterer/-innen als Stützpunkt. Während die Capanna Monte Bar mit ihrer modernen Architektur, dem Komfort und auch dem Weitblick zu begeistern weiss, strahlt die Capanna Pairolo nostalgische Gemütlichkeit aus.

Eckdaten der Wanderung Capanna Monte Bar – Capanna Pairolo

AusgangspunktCapanna Monte Bar (1’608 m ü. M.)
ErreichbarkeitAusgangspunkt/Zielort nur zu Fuss erreichbar
Länge16,5 Kilometer
Höhenmeter↗ 1’300 m ↘ 332 m
Dauer7:00 h
ZielortCapanna Pairolo (1’349 m ü. M.)
VerpflegungCapanna San Lucio (CH) sowie Rifugio (IT) auf dem Passo di San

3. Wandertag – über den Monte Boglia nach Lugano

Heute folgen wir verschlungenen Schmugglerpfaden und schmalen Weglein durch das Steinmosaik der Denti della Vecchia. Die «Zähne» bestehen weitestgehend aus Dolomit. Wir bewundern die beliebten, weiss leuchtenden Kletterfelsen vom Wanderweg aus und geniessen gleichzeitig den Blick über die bunt gefärbten Herbstwälder. Da und dort kommen auch wir in den Genuss einer kurzen «Kraxelei». Nichts Wildes – aber für alle, die Mühe mit ausgesetzten Stellen bekunden oder sich unsicher fühlen, sobald die Hände zum Einsatz kommen, könnte hier durchaus die eine oder andere herausfordernde Stelle lauern.

Denti della Vecchia Wanderweg
Wanderung Pairolo Monte Boglia

Nach einer flott zu gehenden ersten Wanderstunde holen wir beim Abstieg auf die Pian di Scagn Schwung für den zackigen Aufstieg auf den Monte Boglia. Dank einem super hergerichteten in angenehmen zick-zack verlaufenden Waldweg bewältigen wir die gut 350 Höhenmeter auf den 1’516 Meter hohen Aussichtsgipfel in einer guten halben Stunde (und damit doppelt so schnell wie ausgeschildert). Gekrönt wird dieser (ganz persönliche) sportliche Triumph mit dem nun folgenden Rundblick über den Luganersee.

Das Postkartenmotiv mit dem Dorf Brè im Vordergrund und dem Luganersee samt Monte San Salvatore dahinter begleitet uns auf dem nun folgenden Abstieg Richtung Monte Brè. Dieser hält zum Abschluss noch eine fiese (mit losen Steinen durchzogene), extrem steile Passage bereit. Doch auch diese bringen wir hinter uns und haben uns damit eine Pizza in Lugano definitiv verdient (Tipp: im Ristorante Cantinone sind die Terrassenplätze auch Mitte Oktober noch bis ca. 15:30 Uhr besonnt und die Pizzas sind hervorragend!)

Panorama von Bre und Luganersee

Eckdaten der Wanderung Capanna Pairolo – Monte Brè

AusgangspunktCapanna Pairolo (1’349 m ü. M.)
ErreichbarkeitAusgangspunkt nur zu Fuss erreichbar / Zielort mit dem öV erreichbar
Länge10,6 Kilometer
Höhenmeter↗ 786 m ↘ 1’220 m
Dauer4:30 h
ZielortMonte Brè (928 m ü. M.)
VerpflegungGrotto Alpe Bolla (auf Höhe Pian di Scagn ca. 5 Minuten vom Wanderweg entfernt)

Praktische Tipps für deine Wanderung auf dem Sentiero Lago di Lugano

  • Dank dem milden Klima und den moderaten Höhenlagen kann die Tour bereits relativ früh im Frühling oder auch bis in den Spätherbst hinein unternommen werden. Erkundigt euch im Vorfeld, ob die Hütten bereits (oder noch) geöffnet haben.
  • Bei den Etappen 4, 5 und 6 des Sentiero Lago di Lugano handelt es sich grösstenteils um Bergwanderwege (Schwierigkeit T2/T3). Von der Kondition her handelt es sich um eine mittelschwere bis schwere (zweiter Wandertag) Routenführung.
  • Die Capanna Monte Bar als auch die Capanna Pairolo können aber auch gut über alternative (leichtere/kürzere) Wege erreicht werden. Gerade die Capanna Monte Bar ist auch bei Bikern und Familien sehr beliebt.
  • Die Capanna Monte Bar ist während der Sommersaison von anfangs Mai bis Ende Oktober geöffnet. Die Hütte ist übrigens auch im Winter offen/in Betrieb (wie wär’s mit einer Schneeschuhtour?). Und es gibt auch Doppelzimmer.
  • Die Capanna Pairolo hat nur in der Sommersaison geöffnet (ebenfalls von Anfangs Mai bis Ende Oktober). Buchungen für die Mehrbettzimmer sind hier per Mail oder Telefonisch möglich (kein online Buchungstool).
  • Vergesst nicht, einen Seidenschlafsack für die Hüttenübernachtung einzupacken (ausser ihr übernachtet in der Capanna Monte Bar im Doppelzimmer, dann ist dies nicht nötig).
Über den Autor

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Hallo ich bin Anita, leidenschaftliche Weltenbummlerin und Hobby-Fotografin. Ich liebe es, neue Flecken auf unserer wunderbaren Welt zu entdecken. Dabei gilt, das Abenteuer beginnt direkt vor der Haustür! So bin ich nicht nur in exotischen Ländern sondern auch oft in der Schweiz unterwegs.
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